Breivik’s ideological map

Posted on 1st September 2011 in authorship identification, ideology mapping, Visualisierung

Liebe Freunde der Sicherheit,

so wie viele seiner Vorgänger hat der Terrorist Anders Behring Breivik viel Text hinterlassen. Terrorismus ist Kommunikation. Terroristen handeln im Wissen, dass ihre Tat das System nicht umstürzen wird. Terroristische Akte wollen vielmehr Aufmerksamkeit auf eine Botschaft lenken und ihr zugleich Nachdruck verleihen. Selten spricht der Terrorakt jedoch für sich selbst. Der Terrorakt eröffnet vielmehr einen Interpretationsraum, durch den ganz unterschiedliche Wege führen können. Terroristen schreiben Texte, um diesen Raum zu verengen. Mit diesen Texten wollen sie die Interpretationsmacht über ihre Tat behaupten. Zugleich wollen sie uns zeigen, dass sie keine Terroristen sind, die nur Schrecken (lat. terror = „Schrecken“) verbreiten wollen. Sie wollen uns zeigen, dass ihr Ziel nicht die Einschüchterung durch sinnlose Gewalt ist, sondern dass sie eine politische Agenda haben, die auf der Basis rationaler Analysen und stringenter Argumente ihr Vorgehen rechtfertigt. Damit Terrorismus erfolgreich ist, braucht er Medien, die die Aufmerksamkeit auf seine Taten lenken und seine Rechtfertigungen reproduzieren. Deshalb haben alle Terroristen eine Medienstrategie. Deshalb schrieb Breivik sein Manifest „2083: A European Declaration of Independence“ und wählte das Internet für dessen Verbreitung. Das ist eine Möglichkeit, die Dinge zu sehen.


Ideologische Landkarte von Anders Behring Breivik

Breivik's ideological map



Eine andere Möglichkeit ist mir bei der Lektüre verschiedener Blogeinträge, vor allem zweier sehr anregender Texte von Michael Seemann, in den Sinn gekommen. In „Breivik, Queryology und der Weltkontrollverlust“ erklärt er queryologisch, wie sich der Einzeltäter sein geschlossenes Weltbild zurechtfiltern konnte. Mindestens ebenso interessant in diesem Kontext ist jedoch der Blogeintrag „Warum wir Dinge ins Internet schreiben“. Darin deutet mspr0 das Hinterlassen von Datenspuren im Netz als Möglichkeit sich unsterblich zu machen. Denn durch die Analyse dieser Datenspuren werde es in naher oder ferner Zukunft möglich, eine Persönlichkeit zu simulieren. Ins Internet schreiben, sich im Internet bewegen sei daher eine Art „Mindupload“.

Anders Behring Breivik muss damit gerechnet haben, während seiner Tat zu sterben, zumindest wird er es einkalkuliert haben. Ganz sicher aber ist er davon ausgegangen, für sehr lange Zeit sein Dasein im Gefängnis zu fristen. Wer sein Leben für eine Idee einsetzt, der will seine Identität mit der Idee verschmelzen und ihr Unsterblichkeit verleihen. Das Manifest „2083: A European Declaration of Independence“ ist Breiviks Mindupload. Simulieren können (und wollen) wir es nicht, aber visualisieren können wir es.


Die Grafik als zoombares PDF: breivik_ideological_map

comments: Kommentare deaktiviert für Breivik’s ideological map tags: , ,